Überall liest man in diesen Tagen vor dem 21.12.12 davon, dass man das Alte „loslassen“ soll. Aber WIE lässt man richtig los? Geht das überhaupt? Bleibt nicht immer etwas bei mir?
Ich kann nicht ganz loslassen!
Gerade habe ich einen ganz traurigen Bericht von einer lieben Person gelesen, die über den bevorstehenden Abschied von ihrer alten Hündin nachdenkt und versucht, damit klarzukommen. Eine andere Frau beschreibt ihre Gefühle nach dem Tod ihrer Katze. Alle diese Gefühle – vorher und nachher – kenne ich auch nur zu gut. Ich muss Rotz und Wasser heulen, wenn ich daran denke! Die Gefühle hauen mich immer noch um.
Ich musste sehr früh und sehr oft loslassen in meinem Leben. Viele geliebte Wesen haben mich verlassen – manchmal durch ihren Tod für immer – manchmal sind sie einfach aus meinem Leben gegangen (worden). Manchmal wurden sie unverhofft fortgerissen. Manchmal konnte ich mich von ihnen verabschieden; meistens konnte ich es leider nicht. Und es tut immer noch weh.
Mein Vater, meine Mutter, meine Großeltern, Tante, Cousin – dazu ein Goldhamster, viele Wellensittiche, meine geliebte Hündin, zwei goldige Meerschweinchen, zwei herzallerliebste Kaninchen – alle leben nicht mehr.
Ex-Freunde, Ex-Partner, Ex-Beziehungen, Familienmitglieder – sie leben noch, aber nicht mehr in meinem Leben.
Ich habe sie geliebt und wurde geliebt. Irgendwann war es vorbei. Vielleicht funktioniert das Leben so? Es gibt niemals eine Garantie für die Dauer – und sei die Liebe noch so tief. Es kann immer jederzeit vorbei sein. Es gibt immer nur ein HEUTE. Was morgen sein wird, weiß niemand. Das ist hart und traurig. Aber besser kurz zu lieben als niemals.
Ich weiß nicht, wie man sich richtig verabschiedet. Ich weiß auch nicht, wie lange oder tief man trauern darf. Mir wurde immer vorgeworfen, ich würde es übertreiben und sollte mal langsam wieder „auf den Boden der Tatsachen“ zurückkommen. Ich sollte mich zusammenreißen, andere müssten das auch. Ich sollte sofort wieder mitten im Leben stehen und im normalen Alltag weitermachen, als wäre nichts passiert. Ich stehe immer noch daneben und bin damit nicht fertig. Wenn so etwas passiert, blutet mein Herz lange und heftig, weil ich ein großes Stück an die Gehenden geschenkt habe. Und ich weine und weine …. .
Einige der Bänder, die uns verbunden haben, sind noch immer da. Vielleicht fesseln sie mich an die Vergangenheit und ich muss sie durchschneiden? Aber tue ich damit den Gegangenen nicht Unrecht? Wie ist das mit der Wertschätzung und dem Respekt? Wie ist das mit der Liebe? Warum gibt es Friedhöfe, wenn man alles durchtrennen und loslassen soll? Und warum sind manche Gräber nach 20 Jahren weg? Muss man dann aufhören zu lieben? Muss ich spätestens dann das Band durchschneiden? Und was ist mit denen, die kein Grab haben oder zu deren Grab ich nie gehen konnte? Wer entscheidet, ob und wann ich gehen lasse? Und was ist mit denen, bei denen ich mich nicht verabschieden konnte oder wo ich im Streit gegangen bin? Und wie komme ich damit klar, eine Entscheidung über Leben und Tod getroffen zu haben, weil ich es musste. Alleine. Den ganzen Weg alleine gehen, weil der andere zu feige war und sich lieber irgendwo vergnügt hat. Ich müsse das verstehen, hat er gesagt. Und wer versteht mich? Und wer hilft mir bei solchen Gängen? Wer ist an meiner Seite und hilft mir mit seiner Kraft und nach seinen Möglichkeiten? Wie soll ich das alles alleine tragen? Wie soll ich damit fertigwerden? Keine Ahnung!
…
Und dann gibt es noch das Loslassen in Form von Freilassen! Entlassen in die Welt, in die Selbstständigkeit. Auch das ist nicht einfach und mit vielen Sorgen verbunden. Aber es leichter, weil ich weiß, dass sie wieder zurückkommen können und werden.
Vögel müssen fliegen – und ich bin der Baum, auf dem sie immer wieder landen können!
Das gilt auch für Freundschaften. Warum sollte ich klammern? Ich habe durch ca. 12 Umzüge von mir und ungezählten Umzügen von anderen schon viele (beste) Freunde verloren. Mit einigen habe ich noch Kontakt, andere sind einfach weg und von ihnen habe ich nie wieder etwas gehört. Aus den Augen – aus dem Sinn. Vielleicht kann ich mir durch diese ganzen Umzüge und Verluste auch keine Gesichter mehr merken. Also – falls ich mal nicht grüße – habe ich euch einfach nicht erkannt.
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